Aufnahmezeitpunkt
Mittwoch, den 07.06.2023 ca. 14.45 Uhr
Aufnahmeort
Dippoldiswalde OT Berreuth
Wetter
am trocknen nach einem Regenschauer
Kamera, Objektiv
Sigma SD9, SIGMA 18-50mm 1:2.8 EX DC
Die Geschichte zum Bild
Manche Bilder bringt man von einer Wanderung mit und freut sich auf deren Entwicklung, weil im Sucher sah's gut aus. Aber dann ist man enttäuscht, weil die Komposition nicht stimmt oder im Vordergrund was stört oder einfach die Bildaussage banal ist. In diesem Fall war es genau anders herum. Beim Überfliegen der Bilder aus der Sigma SD9 fiel mir diese Komposition ins Auge. Eine der vielen Mohnblumen und an sich nichts Besonderes zu dieser Jahreszeit.
Was meine ich nun mit gelungener Komposition? Nun, die Mohnblüte sitzt klar im Zentrum, sie ist das Motiv des Bildes. An ihr gefällt mir die Symmetrie der Blütenblätter. Man könnte meinen zwei geöffnete Hände präsentieren die inneren Blütenblätter. Verteilt an der roten Blüte zeigen sich kleine frische Wassertropfen. Sie ist nicht zu groß abgebildet, so kommen noch andere Elemente zu Wort, und das macht aus meiner Sicht die gelungene Komposition aus. Da sind die gelben unscharfen Blüten (vermutlich Winterkresse) im Hintergrund, sie geben dem Mohn einen linksseitigen Rahmen, man könnte meinen die Blüte könnte sich auch darauf abstützen. Oben und unten bilden Gräser den Rahmen. Diese liegen mit ihren Samenkapseln zufällig genau in der gleichen Schärfeebene wie die Mohnblüte. Das hatte ich meines Wissens bei der Komposition so gar nicht gesehen, jetzt erfreut es mich um so mehr. Farblich mag ich den Pastell- anmutenden eher kontrastarmen Charakter. Für mich ist das Bild unaufdringlich aber schön. Als Fine-Art- Druck hängt das Bild bei mir vor einem Blau-Lila Hintergrund, würde aber auch sehr gut vor einer weißen oder creme- farbigen Wand funktionieren.
Als Kamera kam die Sigma SD9 zum Einsatz. Diese ist für mich ein gutes Stück digitale Kamerageschichte. Das besondere an der Kamera, die Bildgebung erfolgt über einen Foveon X3 Bildsensor. Das Internet ist zu diesem Thema sehr ergiebig und deshalb erspare ich uns hier kleinliche Technikdetails. Für mich ist wichtig, was ich mit der Kamera anstellen kann und was den Reiz beim Fotografieren ausmacht. Die SD9 gehört eigentlich schon ins Museum der Digitalen Kameras. Auf den Markt kam sie 2002, also vor über 20 Jahren. Sie ist groß und schwer und besteht zumindest außen nahezu komplett aus Plastik, was nicht an jeder Stelle hochwertig wirkt. Die SD9 scheint eine Analoge Kamera der 90er Jahre zu sein, der man nachträglich eine digitale Sensoreinheit verpasst hat. Irgendwie so ähnlich wird die Entwicklung dieser Kamera wohl auch gelaufen sein. Das kann man deutlich sehen, stellt man einfach mal eine Sigma SA-7 daneben.
Die Bedienung finde ich, ist gar nicht mal so schlecht, wenn man sich darauf einlässt. Mit der deutlich später erschienenen Nach-Nach- Nachfolgerin, der SD15, stehe ich diesbezüglich regelrecht auf Kriegsfuß. Der SD9 Griff ist so massiv, dass selbst meine nicht unbedingt kleinen Hände Mühe haben ihn ordentlich zu umfassen. Dadurch ist die Bedienung mit einer Hand, jedenfalls für mich, ausgeschlossen.
Der Spiegelreflex Sucher ist hell und groß. Er stammt ziemlich sicher von einem analogen Vorgängermodell, was für die Sigma Ingenieure nicht unproblematisch gewesen sein dürfte. Da der Sensor einer SD9 deutlich keiner ist (Cropfaktor* 1,7) als die Bildfläche eines Kleinbildfilmes, hat Sigma die nicht abbildbaren Bereiche im Sucher dunkel abgesetzt. Man hat also einerseits ein Vollformat Sucherbild, andererseits sieht man welchen deutlich kleineren Bildbereich der SD9 Sensor aufnehmen kann. Das klingt nachteilig, ist es aber nicht. Beim fotografieren, meine ich, hilft diese Art Sucher bei der Bildkomposition. Man kann sich so auch mit den Elementen beschäftigen, die man bei anderen Kameras im (100%) Sucher nicht sehen würde.
Wer bis jetzt nicht den Eindruck hat, die Sigma SD9 wäre eher ein Prototyp oder Vorserienfabrikat, der sollte sich mal mit deren Stromversorgung beschäftigen. Serienmäßig frisst die SD9 4 Batterien vom Typ AA und zusätzlich 2 Batterien vom Typ CR123A. Erstere liefern die Energie für die Fotofunktionen wie Autofokus, Belichtungsmessung, Bildanzeige usw.. Die zwei CR123A scheinen die Kameraadministration zu versorgen, also Schulterdisplay und speichern des Zeit- Datumsstempels. In den Foreneinträgen zu dieser Kamera liest man viel vom Frust der ersten Nutzer, weil normale (x- stündige) Fotoshootings mit der SD9 mangels Batteriekapazität nicht wirklich machbar waren. Das wurde besser durch den optional erhältlichen Batteriegriff, in den passen dann 8 AA Batterien, da kann man schon mal 200 Bilder fotografieren. Wer heute diese Kamera nutzt hat die Möglichkeit CR-V3 Akkus zu verwenden, damit kommt man auf ähnlich lange Laufzeiten wie mit dem Batteriegriff ohne dessen Nachteile (Gewicht, Größe). Obacht sollte man auf die zwei CR123A Batterien geben. Die fallen gern ohne Vorwarnung wegen Unterspannung aus und dann ist die Kamera nicht verwendbar. Diesen Batterietyp gibt es meines Wissens nicht an der nächsten Tankstelle. "Aber - aber, wer wird denn heute noch anspruchsvolle Jobs mit so einer Kamera erledigen?" - Der Einwand ist gerechtfertigt. Für das lustige kleine Sigma SD9 Fotoprojekt wird's allemal reichen.
Wie sieht es nun mit der Bildqualität aus? Auch das ist ein zwiespältiges Thema. Zunächst gibt es massig Ausschuss, darauf stelle man sich ein. Ich habe letztes Wochenende mit der SD9 ein Dorffest fotografiert und 70% der Bilder waren Murks. Oft unscharf (manueller Fokus, lag also an mir), oft verbrannt (zu hell belichten das verzeiht der Sensor nicht), oft zu dunkel (aufhellen geht nur sehr begrenzt).
Einige Bilder aber waren fantastisch. Man wird immer wieder überrascht, weil zwischen all dem Schrott finden sich einige wenige Perlen. Ich will damit nicht sagen, dass die Ergebnisse nicht reproduzierbar sind, ich meine eher, dass der Einsatzbereich für gute Bilder mit dieser Kamera sehr eng begrenzt ist. Aber, wenn's mal passt, wie bei einem kleinen Mädchen, welches ich am Wochenende auf dem Dorffest fotografierte, dann sind es Bilder höchster Freude. Man sagt der SD9 zurecht einen Hang zur Portraitfotografie nach, denn Gesichter kann sie herrlich plastisch malen. Eher malerisch wirken auch Landschaftsaufnahmen mit der SD9. Manche meinen sie erinnere an Dia Film. Da ich nie mit Dia Film fotografiert habe, lass ich das einfach so stehen.
Heute kann die SD9 mit keiner aktuellen Kamera konkurrieren. Die Auflösung ist niedriger als bei aktuellen Smartphones und alles außer ISO 100 liefert Schrott, aber am Ende steht das Bild für sich und da lässt sich aus der alten Dame so manches herausholen. Das macht für mich den eigentlichen Reiz am alten Technikklumpen aus.
Wer sich nun immer noch für eine solche Kamera interessiert, der findet derzeit immer mal wieder Angebote im Internet Gebrauchthandel. Direkte Krankheiten, auf die man achten sollte, kenne ich nicht, meine beiden Exemplare funktionieren tadellos. Die Preise schwanken zwischen 40€ und 300€. Wobei letztere wohl in die Rubrik "Mal sehen wer blöd ist." gehören. Grundsätzlich sollte ich aber erwähnen, dass es derzeit keine aktuellen Kameras mit Foveon Sensor (mehr) gibt. Das treibt die Preise auch für Nachfolgemodelle nicht selten in realitätsferne Höhen.
weitere Bilder:
Worterklärung:
*Cropfaktor: Das ist eine Maßzahl/ Faktor für den vom Sensor aufgenommenen Bildausschnitt. Ausgehend vom bekannten Kleinbildfilm in der Analogen Fotografie (36 x 24 mm) kann man errechnen wie der Bildausschnitt eines digitalen Sensors vom Kleinbild (auch Vollformat genannt) abweicht (Kleinbildfilm 1:1, Sigma SD9 Sensor 1:1,7).
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